Skip to content

Kunst und Kommerz

Durch die einschlägigen Internet-Autorenforen spukt in unterschiedlichen Facetten immer wieder von neuem dasselbe, die Diskussionsteilnehmer stark polarisierende Thema: was einem als Autor der Erfolg wert sei, ob man “marktgerecht” schreiben, sich gar “prostituieren” solle – oder ob man wahre Autorenschaft ausschließlich unter dem Vorsatz des L’art pour l’art erreichen könne, ohne Gedanken an die Erwartungen einer potentiellen (größeren) Leserschaft zu verschwenden oder gar auf einen Bestsellererfolg zu spekulieren. Mit einem Wort, es geht um die leidige Diskrepanz zwischen Kunst und Kommerz.

Was ich persönlich an solchen Diskussionen stets vermisse, ist die Besinnung auf einen gangbaren Mittelweg zwischen diesen zwei extremen, jeweils bereits in ihrem Vokabular mit unterschwelliger bis deutlicher Abwertung behafteten Positionen, von denen mir eine so fern und suspekt ist wie die andere. Für mich als Autor bedeutet Professionalität nicht nur, daß ich hauptberuflich und erwerbsorientiert schreibe, sondern auch und vor allem, daß ich mich sinnvoll einzuordnen vermag auf der Skala, die ich mir zwischen den beiden Polen Kommerz und Kunst denken möchte. Sinnvoll, das meint hier: mit einer Begründung, die auch einer Hinterfragung der gewählten Position im Hinblick auf die implizite Bedeutung des Wortes professionell standhält, sowie daß diese Position eben nicht in den Einzugsbereich eines der äußersten Enden der Skala fällt.

Wollen doch mal sehen, wie gut mir diese eigene Einordnung gelingt.

Zuerst aber eine kleine Vorgeschichte. Fakt ist: Jemand, der Bücher schreibt, will, daß diese Bücher auch gelesen werden. (Lies: Ich will, daß meine Bücher gelesen werden, und zwar von möglichst vielen Leuten.) Fakt ist auch: Jemand, der sich allein an den Schreibtisch setzt, um etwas, das nicht der reinen Information dient, zu Papier zu bringen, folgt einem inneren Drang; er denkt beim Schreiben zunächst an sich. (Lies: Der Schreibprozeß als solcher erfolgt, ob ich das nun beabsichtige oder nicht, in erster Linie für mich selber.) Irgendwann kommt der Punkt, an dem dieser Jemand sich sagt: Was kann ich tun, damit meine Bücher überhaupt die Chance erhalten, von anderen Menschen gelesen werden zu können? (Lies: Es kam der Punkt, an dem ich von mir selbst eine definitive Antwort auf die Frage forderte: Was zum Geier kann ich tun, um endlich einen Verlag zu finden?)

Die Lösung lag auf der Hand: Ich müßte die Werke von Autoren, die genau das erreicht hatten, was ich ebenfalls erreichen wollte, genauer unter die Lupe nehmen und versuchen zu ergründen, was sie anders (und womöglich besser) gemacht hatten als ich bisher. Außerdem müßte ich versuchen herauszufinden, ob und wie die Erkenntnisse dieser Untersuchung mein eigenes Schreiben befruchten könnten, ohne daß ich mich selbst dabei zu “verbiegen” oder meine Maßstäbe von Qualität, Originalität und Unterhaltungswert aufzugeben bräuchte. Kurzum, ich beschloß, mir beizubringen, “marktgerechter” – das heißt, mit einer klareren Vorstellung davon im Kopf, was den Lesern meines Wunsch-Genres gefallen könnte – zu schreiben, als ich es bisher getan hatte.

Das tat ich denn auch; und ich bin froh, daß ich die Zeit für diese Marktanalyse dranrückte. Mein in den vergangenen anderthalb Jahren entstandener Roman mit dem Codenamen Könige ist ein – um es in bestem Marketing-Deutsch auszudrücken – umso schärfer profiliertes Buch, das hoffentlich viele Leser ansprechen und unterhalten wird. Gleichzeitig behaupte ich mit Nachdruck, daß nur ich dieses Buch schreiben konnte und niemand anderes. Es ist gewissermaßen eigen, nämlich meins.

Kommen wir zum Fazit dieses kurzen Resümees.
Ich schreibe: um zu veröffentlichen und von vielen gelesen zu werden.
Ich schreibe: meine ganz ureigenen Bücher.
Kunst oder Kommerz? Ganz einfach: Ich mache (meine!) Kunst, die sich gut verkaufen können, sprich kommerziell erfolgreich sein darf und soll.
Und, liebe Fantasy-Leser, ich mache meine Bücher für Euch, hoffe, daß sie Euch gefallen, und freue mich schon jetzt auf Euer Feedback!

Reiselaune

Als ich im Juni 2006, also vor fast zwei Jahren, nach München fuhr, um mich mit einem Literaturagenten zu treffen, der mich dorthin eingeladen hatte, kam ich mir ein bißchen vor wie der junge Hildegunst von Mythenmetz, der in die zamonische Literaturmetropole Buchhaim geht, um dort sein schriftstellerisches Glück zu suchen.

Ganz so grün hinter den Ohren wie damals – oder wie Jungspund Mythenmetz – bin ich heute nicht mehr, was durchaus teils dieser Unternehmung, vor allem aber meinen Erkenntnissen in den Wochen und Monaten danach zu verdanken ist. Allerdings spüre ich, wie eigentlich immer um diese Jahreszeit, ein gewisses Fernweh. Oder, um es angemessen abgeschwächt auszudrücken: Reiselaune.
Ich würde gern aufbrechen, am liebsten zu Fuß oder mit dem Zug, um andere Städte, Buchhandlungen, Leser und Autoren kennenzulernen. Aus literarischer Neugier sozusagen. Allein freilich, weil man da dem Neuen gegenüber am aufgeschlossensten ist. Noch lieber würde ich mich allerdings für eine Weile in die Natur zurückziehen, ins Grüne, um auf einer Streuobstwiese oder in einer Wanderhütte der Inspiration freien Lauf zu lassen. Es kommt mir vor wie ein Ruf, den nur ich hören kann.

Gestern habe ich noch einmal die letzten 50 Seiten der Könige gelesen. Und geschmunzelt, als ich feststellte, daß sich der Protagonist auf den letzten Seiten ebenfalls in die Ferne gezogen fühlt. Natürlich ist es bei ihm nicht bloß eine Laune, sondern entspricht seiner Natur und hat außerdem einen (im Hinblick auf die geplante Fortsetzung) dramaturgischen Sinn.

Vielleicht, so habe ich mir überlegt, ist meine Reiselaune auch Ausdruck der Sehnsucht nach den Figuren aus den Königen, nach ihren Persönlichkeiten, individuellen Belangen und gemeinsamen Abenteuern? Zu lange war ich zu Hause – mit Umräumen beschäftigt. Höchste Zeit, einigen Ballast hinter mir zu lassen und wieder auf Reisen durch Lesh-Tanár zu gehen.

Jubiläum (in etwa)

Im Mai 1998, also vor ungefähr zehn Jahren (das genaue Datum läßt sich leider nicht mehr rekonstruieren, genau wie die Reihenfolge, in der die Musiker damals in Woodstock auftraten – hat das nicht was Friedvoll-Mythisches?), beendete ich meinen ersten Roman, an dem ich mehr als anderthalb Jahre gearbeitet hatte. Es kommt mir nicht vor, als wär’s erst gestern gewesen, auch wenn ich genau das unheimlich gern an dieser Stelle sagen würde. Doch zehn Jahre sind eine lange Zeit. Und was noch wichtiger ist: Ich habe mich in dieser Zeit enorm weiterentwickelt, als Autor wie als Mensch. Meine Romane sind länger geworden, meine Haare ebenso. Ich habe gelernt, zu meinen Texten Distanz aufzubauen (nicht jedoch zu meinen Haaren), eine Tugend, die mir erlaubt, rascher und zielstrebiger ans Werk zu gehen als der Anfänger, der ich damals war, während der Abfassung des ersten “Romänchens”, wie Freunde meiner Eltern das Löwenbuch wohlgefällig nannten. Und nicht zuletzt habe ich mich entschlossen, mit meinem Schreiben den steinigen Weg in die Professionalität einzuschlagen. Freilich nicht mit besagtem Löwenbuch, was putzigerweise viele denken, die mich länger nicht getroffen haben und mich heute im gewieften Konversationsstil nach meinen Schreiberfolgen fragen.

Manche dieser jovialen Zeitgenossen sagten allerdings damals auch zu mir: Du hast ein Buch geschrieben? Toll! Schick es an Marcel Reich-Ranicki! Dann hast du in zehn Jahren ausgesorgt! – Das hab ich heute vielleicht nur deshalb nicht, weil ich seit jeher ein skeptischer Mensch bin und überspannte Ratschläge wie diesen nie befolgt habe. Oder aber meine eigenen Erwartungen waren noch grotesker, indem ich glaubte, ich würde das mit dem Ausgesorgthaben durch das eine Buch auch allein schaffen, ohne den Literaturpapst. So genau weiß ich das nicht mehr.

Jedenfalls bin ich die meisten meiner jugendlichen Illusionen in bezug auf die eigene Autorenkarriere nur zu rasch losgeworden; eine Befreiung, für die ich nichts als Dankbarkeit empfinde, konnte doch schließlich erst unter dieser Voraussetzung der Blick klar werden für die Realität des Literaturgeschäfts, die zu begreifen und mit der umzugehen wohl für jeden angehenden Schriftsteller eine der größten Herausforderungen darstellt. Für alle, die es nicht wissen: Ich liebe Herausforderungen.

Heute weiß ich zum Glück genau, was ich erreichen will und was ich erreichen kann. Und ich spüre, daß die Entwicklung stetig weiter geht. Obwohl ich meine Haare im Dezember gestutzt habe, sind sie schon wieder ein gutes Stück gewachsen. Das ist das Erstaunliche am Leben: Nichts bleibt, wie es ist, und selbst wenn es so aussieht, walten im Verborgenen chronometrisch nachweisbare Kräfte, die Veränderung bewirken. In diesem Sinne schließe ich für heute mit den Worten: Auf bald – und das heißt, nicht erst in zehn Jahren!

Aus dem Leben gegriffen

Ich arbeite gern mit den Händen, nicht zuletzt zum Ausgleich der intensiven Kopfarbeit, die die Autorentätigkeit mit sich bringt. Das schließt sehr feine Bastelprojekte elektronischer Art, aber auch gröbere Arbeiten, vor allem mit Holz, ein. Im Rahmen meines im letzten Eintrag erwähnten Umbaus habe ich innerhalb der letzten Tage und Wochen sieben Preßspan-Regale aufgebaut – was keine Kunst ist, denn schon mit dem zweiten oder dritten hat man Routine, und außerdem sind die rein bildlichen Anleitungen eines gewissen schwedischen Möbelhauses absolut idiotensicher. Bei einer solchen Tätigkeit kann der Kopf “abschalten”. Wenn er es denn will.

Bei den letzten vier Regalen, die innerhalb einer guten Dreiviertelstunde standen, wollte er nicht, und es entspann sich in meinen Gedanken eine Szene, die ich am Schreibtisch nicht lebensechter und humorvoller hätte konzipieren können. Dazu muß man wissen, daß der Protagonist der Könige von Beruf Zimmermann und Schreiner ist (wer sich für den Unterschied interessiert, möge dazu die Wikipedia konsultieren) – und außerdem, daß ich derzeit die Fortsetzung plane, in welcher besagter Protagonist erneut Hauptfigur sein wird.

Die Szene: Er (nennen wir ihn A, außerdem ist er kein Mensch) gerät mit B, einem menschlichen Zimmermann, in irgendeiner Spelunke aneinander, und anstatt ihn zu verprügeln, fordert A ihn zu einem Wettstreit heraus: Wer innerhalb einer bestimmten Zeit die schönere Hütte baut, was ein Meister der Zunft beurteilen wird, ist der Sieger. Sie treffen sich am nächsten Tag, der Meister und zahlreiche Schaulustige stehen bereit, um den Fortgang des Wettkampfes zu verfolgen, ihren jeweiligen Favoriten anzufeuern und überhaupt die Stimmung gewaltig anzuheizen. Ich will es kurz machen: Die entstehende “Hitze” verursacht eine “Feuersbrunst”, die eine sozusagen purgatorische Wirkung entfaltet. Ob sich A und B am Ende vertragen und wer als Sieger aus dem Inferno hervorgeht, möchte ich noch nicht verraten.

Doch halten wir fest: Aus dem Moment heraus, ohne daß man es plant, entstehen die Szenen, Figuren und Plots von Büchern. Ich glaube, ich habe schon einmal erwähnt, daß mir auf meinen täglichen Waldspaziergängen die besten Ideen kommen. Doch immer öfter ergeben sich beim Abspülen, beim Einkaufen oder eben beim Aufbauen eines Regals inspirative Momente, die unmittelbar Einfluß auf die kreative Arbeit nehmen. Nicht immer läßt sich das Material verwenden; es ist fraglich, ob obige Szene je Eingang in irgendeines meiner Romanprojekte finden wird. Aber man kann an diesem einfachen Beispiel das Potential ermessen, welches das Leben für das Schreiben und für die Literatur überhaupt bereithält, wovon beide zehren – ob man nun Gedichte, Gesellschaftsromane oder Fantasy schreibt.

Kreatives Chaos

Derzeit – wir warten auf die Rückmeldungen der Verlage – herrscht eine kreative Pause, die ich dazu nutze, meine Wohn- und Arbeitsbereiche umzugestalten. Um mein Bett herum stehen Kartons, auf dem Gymnastikball stapeln sich die noch auszuschüttelnden Wintergardinen, und die Planung der Bestückung einiger freigewordener Regalflächen im Wohnzimmer stellt mich vor unerwartete intellektuelle Herausforderungen. ;-)

Daher sei dies vorerst nur ein kurzes Lebenszeichen für diejenigen Leser meines Blogs, die sich noch nicht gänzlich verabschiedet haben. Ich bin bald zurück, und dann geht’s hier (hoffentlich) rund!