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Geformgerangel

Spiegel Online schreibt:

Der Rat für Rechtschreibung bemüht sich, hinter das Geformgerangel [sic] einen Punkt zu setzen und schreckt auch vor Korrekturen bereits verabschiedeter Regeln nicht zurück. Heute wurde vor allem im Bereich der Groß- und Kleinschreibung nachgebessert.

Wie schön! Das war auch nötig. Ich habe nie verstanden, wie es sein kann, daß jemandem etwas "Leid tut", oder wie jemand "Recht haben" soll. (Reiner Kunze übrigens auch nicht.) Bleibt zu hoffen, daß der ehrwürdige Rechtschreibrat nicht nur das Regelwerk der Groß- und Kleinschreibung, sondern auch das der Kommasetzung einer notdürftigen Revision unterzogen hat; denn ohne Komma eingeschobene erweiterte Infinitivsätze mit "zu", denen womöglich noch die Konjunktion "und" samt nachfolgendem Hauptsatz folgt, kann kein Mensch verstehen.

Kostprobe gefällig?

Sie bat ihn nur die Weinflasche zu öffnen und die Gläser holte sie selbst aus dem Schrank.

Abgesehen davon, daß meine geschätzten Leser einen derartigen Schmarrn von mir ohnehin nie zu lesen bekämen, würde ich selbigen ausschließlich mit den sinnstiftenden Kommata zu Papier bringen:

Sie bat ihn, nur die Weinflasche zu öffnen, und die Gläser holte sie selbst aus dem Schrank.

Ich kann es gut verstehen, wenn sich Schriftsteller wie Reiner Kunze ihr eigenes Regelwerk erarbeiten. Ich persönlich habe mir vorgenommen, wenigstens so lange bei der alten Rechtschreibung zu bleiben, wie die reformierte nicht in einer endgültigen und vor allem einleuchtenderen Fassung vorliegt. Das heißt aber nicht, daß ich mich im Zuge eines Verlagslektorats weigern würde, Korrekturen zugunsten der neuen Regeln zu übernehmen - es dürften dabei nur keine Widersprüche oder Zweideutigkeiten verursacht werden. Und diese Gefahr besteht leider grundsätzlich: Eine Aufgabe "richtigzustellen" oder "richtig zu stellen" ist, wie Reiner Kunze mit Recht festgestellt (und nicht etwa: "fest gestellt") hat, ein himmelweiter Unterschied.

Die Möglichkeit, solche Bedeutungsnuancen in der Schriftsprache auszudrücken, dürfen wir Deutschschreibende und -sprechende - und gerade wir Autoren! - uns nicht nehmen lassen. Weder von Lektoren noch von ein paar Kultusministern noch von einem Rechtschreibrat. Dann lieber Geformgerangel.

"Die Fantasy wird salonfähig!"

Volker Busch, Lektor bei Blanvalet/Random House, formuliert in einem aktuellen Interview auf phantastik-news.de eine ermutigende, eine phantastische (!) Prognose für die Zukunft:

Die Interessen und Bedürfnisse der Leser verändern sich, und darauf reagieren Autoren und Verlage. Das Genre ist in Bewegung, die eng abgesteckten Grenzen weichen auf. Die fantastische Literatur wird sich in den nächsten Jahren öffnen und ausbreiten – die Fantasy wird salonfähig!

Yes! Das sehe ich genauso! Und hoffe, daß diese Botschaft diejenigen Leute erreicht, die sie nötig haben.