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Bloßes Schauspiel?

Theodor Ickler, Sprachwissenschaftler aus Erlangen, verläßt den Rat für deutsche Rechtschreibung, nachdem dieser die mühsam ausgearbeiteten Vorschläge einer Reform der Reform der Kultusministerkonferenz (KMK) in Berlin vorgelegt hat, so schreibt das Börsenblatt. Ickler zufolge sei der Rat von der KMK als "bloßes Schauspiel" einberufen worden.

Nun, so fragt sich ein junger nicht reformbereiter Autor, warum ist man dann dem Rat zuvor beigetreten und hat derartige Protestbekundungen nicht schon früher gezeitigt, als man merkte, daß dem Rat "vor allem Befürworter der Reform, die meisten davon keine Germanisten und Sprachwissenschaftler, sondern Interessensvertreter" angehörten? Das hätte doch nach der ersten Sitzung klar sein müssen. Was also will Ickler mit seiner Tat bezwecken - wäre ihm mehr Zeit für weitere Veränderungen lieber gewesen? Ist er mit den erarbeiteten Änderungsvorschlägen nicht einverstanden? Fragen über Fragen, über die man sich insofern umso mehr wundern muß, als sich selbst das Verhalten kritischer Geister, mit denen man sich zuvor am ehesten zu solidarisieren vermochte, mittlerweile jedwedem Verständnis entzieht

Ein kurzer Blick in die aufgelisteteten "wichtigsten Vorschläge des Rats für deutsche Rechtschreibung" macht zudem vor allem eines klar: Die deutsche Schriftsprache ist nach wie vor durch die Reform keineswegs einfacher geworden: Es gibt genauso viele (oder wenige) Ausnahmen, Sonder- und "Übergangs"regeln - der Terminus ist wohl im Bemühen um politische Wirksamkeit entstanden - sowie nicht minder schwer einprägsame Klauseln wie im alten Regelwerk.
Wozu also umlernen, könnte man in aller Sturheit weiterfragen, zumal unsägliche Schnitzer wie "Rad fahren" fatalerweise auch in der reformierten Reform Bestand haben? ... Aber vielleicht empfiehlt es sich, zunächst abzuwarten, was die KMK mit den Vorschlägen macht (die Erfahrung flüstert: vermutlich nichts Gutes).

Über den skandalösen und in einer Demokratie eigentlich unhaltbaren Zustand, daß ein kleines Gremium von Ministern, die zumal recht einseitige Interessen (i. e. die bundesweite Verbesserung der Leistung der Schüler) vertreten, über etwas so Gewichtiges wie das sprachgeschichtlich tradierte (!) und dem Schriftsteller als Handwerkszeug dienende (!!!) Regelwerk einer von ca. 100.000.000 (in Worten: einhundert Millionen) Sprechern weltweit benutzten Sprache entscheidet, sollte ich mich in diesem Weblog zu gegebener Zeit ebenfalls noch auslassen; dazu sind zwar an sich die Politiker da, doch die hatten ja auch schon 1996 anderes zu tun.


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¹ Nachtrag vom 07.03.2006:

Nachdem ich nun den mir bis zur Abfassung des obigen Eintrags unbekannten Artikel "Rechtschreibreform - Ja, da kann man nur noch gehen" gelesen habe, in welchem Theodor Ickler knapp zusammenfaßt, wie die einzelnen Sitzungen des Rates für deutsche Rechtschreibung verlaufen sind und was dabei (nicht) herausgekommen ist, kann ich für seinen Entschluß durchaus vollstes Verständnis empfinden. Was in den Diskussionsrunden teilweise gelaufen ist, hat nur noch den Charakter einer Farce, und man könnte lauthals darüber lachen, wäre die Thematik nicht so brisant, betrifft sie doch immerhin - wie oben angedeutet, eine riesige Sprechergemeinschaft, und hat sie schließlich überdies einschneidende Folgen für das Arbeitsfeld Tausender Schriftsteller, Journalisten, Publizisten, Lektoren, Lehrer ...

Es ist ein Elend. Ickler hat völlig recht, wenn er sich am Schluß des Artikels fragen muß, in welchem Land er eigentlich lebt.

Im folgenden ein paar ausgewählte, da mir persönlich bezeichnend erscheinende Zitate aus dem Artikel:

Dessen Zusammensetzung (d. i. die Zusammensetzung des Rates für deutsche Rechtschreibung, Anm.) ließ nichts Gutes erwarten, denn es saßen fast nur die bekannten Reformbetreiber darin, darunter sieben von zwölf Mitgliedern der aufgelösten Kommission.

(...)

Die Altreformer wie Peter Gallmann wollen bei „eindeutigen” Regeln bleiben, auch wenn sie grammatisch bedenklich sind und vom Sprachgebrauch abweichen. Eisenberg und ich halten dagegen, wirkliche Einfachheit bestehe nicht darin, daß der Lehrer eine Regel einfach formulieren kann, sondern darin, daß der Schreibende sie nach seiner Intuition und Leseerfahrung ohne Zögern anwendet.

(...)

Ziemlich komisch das Ganze, kostet aber 75 Minuten sinnlose Diskussion.

(...)

Altreformer Sitta schließt mit der Bemerkung, daß auf dem nun eingeschlagenen Weg der Rechtschreibfriede nicht wiederhergestellt werden könne. Ich erinnere daran, daß Rechtschreibfriede herrschte, bevor die Reform ihn im Jahre 1996 zerstörte.

(...)

Das Herumsitzen in Gremien zweifelhaftester Zusammensetzung mit dem Zweck, an der Sprache von 100 Millionen Menschen herumzubasteln, oder vielmehr an dem leichtfertigen Anschlag auf diese Sprache, ist grotesk.

(...)

Zahllose Einzelfälle werden auf das spätere Wörterverzeichnis verschoben. Das stellen die Wörterbuchredaktionen in eigener Verantwortung her, der Rat wird nicht mehr dazu Stellung nehmen können.

(...)

Der Reformer Richard Schrodt meint, wenn die Groß- und Kleinschreibung verändert werde, breche die ganze Reform zusammen. Gar nicht mal verkehrt.

(...)

Rudolf Hoberg will nichts von Akzeptanzbefunden hören, erklärt „99,9 Prozent” der Bevölkerung für unwissend. Für den Vorsitzer der „Gesellschaft für deutsche Sprache” eine bemerkenswerte Einstellung.

(...)

Als ich feststelle, daß wir keine Schulorthographie, sondern eine Orthographie für Qualitätstexte zu machen hätten, höhnen einige Mitglieder gleich wieder, als hätte ich kein Herz für Kinder.

(...)

Diesmal fehlen schon zwölf Mitglieder. Wenn das so weitergeht, kann der Vorsitzende bald allein tagen.

(...)

Es fällt das böse Wort, man dürfe diese „Krawallmacher” (d. i. die FAZ, der Axel Springer Verlag und der Spiegel, Anm.) nicht noch durch besondere Aufmerksamkeit belohnen. Beifälliges Schmunzeln. Die Bemerkung soll nicht ins Protokoll.

(...)

[D]as Geplauder wird künstlich in die Länge gezogen.

Zum 150. Todestag von Heinrich Heine

Joseph von Eichendorff schrieb über Heine:

Heinrich Heine, ursprünglich selbst noch Romantiker, macht hierbei die Honneurs, indem er aller Poesie das Teufelchen frivoler Ironie anhängt, das jubelnd ausruft: Seht da, wie hübsch, ihr guten Leute! Aber glaubt ja nicht etwa, daß ich selber an das Zeug glaube! Fast jedes seiner schönen Lieder schließt mit solchem Selbstmorde. Die Zeit hat allgemach den Romantikern hinter die Karte geguckt und insgeheim Ekel und Langeweile vor dem hohlen Spiel überkommen. Das sprach Heine frech und witzig aus, und der alte Zauberbann war gelöst.¹

Heinrich Heine über seine Zeit:

Die höchsten Blüten des deutschen Geistes sind die Philosophie und das Lied. Diese Blütezeit ist vorbei, es gehört dazu die idyllische Ruhe; Deutschland ist jetzt fortgerissen in die Bewegung, der Gedanke ist nicht mehr uneigennützig, in seine abstrakte Welt stürzt die rohe Tatsache, der Dampfwagen der Eisenbahn gibt uns eine zittrige Gemütserschütterung, wobei kein Lied aufgehen kann, der Kohlendampf verscheucht die Sangesvögel, und der Gasbeleuchtungsgestank verdirbt die duftige Mondnacht.²

Aus dem Buch der Lieder:

Es fällt ein Stern herunter
Aus seiner funkelnden Höh!
Das ist der Stern der Liebe,
Den ich dort fallen seh.

Es fallen vom Apfelbaume
Der Blüten und Blätter viel!
Es kommen die neckenden Lüfte
Und treiben damit ihr Spiel.

Es singt der Schwan im Weiher,
Und rudert auf und ab,
Und immer leiser singend,
Taucht er ins Flutengrab.

Es ist so still und dunkel!
Verweht ist Blatt und Blüt,
Der Stern ist knisternd zerstoben,
Verklungen das Schwanenlied.
³


Zitiert nach:
¹ W. Killy, Wandlungen des lyrischen Bildes. Göttingen 1958, S. 115.
² Ebd., S. 95.
³ H. Heine, Buch der Lieder. insel taschenbuch 33. Frankfurt 1975, S. 100.

Es läuft wieder

Nachdem nun alles wieder läuft wie vorgesehen und keine weiteren Ausfälle zu befürchten sind (und ich zudem endlich Trackbacks versenden kann, jawohl!), werde ich mich wieder literarischen Themen zuwenden.

Wie in einem bekannten "NEWSBlog" zu lesen, soll eine große Anzahl von Manuskripten Heinrich Heines digitalisiert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden - allerdings nicht vom unsäglich gefräßigen Moloch Google, sondern im Auftrag von der französischen Nationalbibliothek in Paris sowie vom Heine-Institut in Düsseldorf.
Großartig! Ich wollte schon immer mal einen Blick auf die Handschrift Deutschland. Ein Wintermärchen werfen, gehört dieses Werk des Dichters doch zu denjenigen, denen ich besonders viel abgewinnen kann. Großartig auch, daß hier ein Zeichen gesetzt wird, was Googles raffgierige Ambitionen betrifft, sämtliche Bücher sowie natürlich, binnen der kommenden 300 Jahre, sämtliche "geschätzte(...) fünf Exabyte" an Information auf der Welt "indexiert" (indiziert?) zu haben (ganz davon abgesehen, daß sich die Menge an Information auf der Welt in diesem Zeitraum sicherlich vervielfacht haben wird).
Nicht Google wird es also obliegen, die Heine-Handschriften ins Reich der Bits & Bytes zu überführen; und auch, was modernes Druckwerk angeht, stößt der Suchmaschinen-Riese immer häufiger auf Widerstand. Ich finde das gut.

Ich habe meinen Erstling bei Amazon für die Digitalisierung sperren lassen, als die Werbung bezüglich der Volltextsuche "Search Inside" des Versandhauses bei mir einging, und ebenso legte ich bei Google Print ein Veto ein. Das Hauptargument der Befürworter, ein interessierter Leser (und potentieller Käufer) könne mit Hilfe ihres Projekts in meinem Buch blättern, als befinde er sich in einer Buchhandlung, hat mich nämlich nicht überzeugt; denn was nützt es, das Buch nicht einfach aufschlagen und von vorne bis hinten durchblättern zu können, sondern darin suchen zu müssen, um dann auf wenige Seiten beschränkt zu sein?
Außerdem traue ich der Methode nicht unbedingt. Bisher ist noch jedes System, welches Daten teilweise oder unter bestimmten Nutzungsrechten bereitstellt, früher oder später geknackt worden. Nun, warten wir es ab, doch Vorsicht ist besser als Nachsicht.

On the move

Heute habe ich das erste Kapitel meines aktuellen Romanprojekts fertiggestellt. Es ist ein sehr langes Kapitel. Der Roman wird insgesamt schätzungsweise fünf davon haben. Nun, da der Protagonist verwandelt wurde und der erste Wendepunkt des Plots erreicht ist, kommt es mir fast vor, als würde ich eine neue Geschichte beginnen, so verschieden ist die Richtung, in die sich die Handlung entwickelt, vom bereits Geschriebenen. Und ich bin sehr zufrieden damit. Auch sonst kann ich einigermaßen zufrieden sein. Mehr dazu eventuell später.

Was das Technische betrifft, gibt es noch keine Neuigkeiten; offenbar wurde noch nichts umgestellt, so daß die Ausfälle (wenn überhaupt) erst nächste Woche zu erwarten sind.

Wichtiger Hinweis

Durch Umstellungen bei meinem Provider kann es in den nächsten Tagen zu kurzzeitigen Ausfällen der Website (Blog und Forum eingeschlossen) sowie Fehlermeldungen bei Mails an mich kommen. Spätestens am Mittwoch, 15. Februar, sollte aber alles wieder laufen wie gehabt!

Davon abgesehen habe ich dem Blog, wie einige vielleicht schon gesehen haben, ein "Facelift" verpaßt. Und es wird sich noch mehr tun ... zu gegebener Zeit.

Geformgerangel

Spiegel Online schreibt:

Der Rat für Rechtschreibung bemüht sich, hinter das Geformgerangel [sic] einen Punkt zu setzen und schreckt auch vor Korrekturen bereits verabschiedeter Regeln nicht zurück. Heute wurde vor allem im Bereich der Groß- und Kleinschreibung nachgebessert.

Wie schön! Das war auch nötig. Ich habe nie verstanden, wie es sein kann, daß jemandem etwas "Leid tut", oder wie jemand "Recht haben" soll. (Reiner Kunze übrigens auch nicht.) Bleibt zu hoffen, daß der ehrwürdige Rechtschreibrat nicht nur das Regelwerk der Groß- und Kleinschreibung, sondern auch das der Kommasetzung einer notdürftigen Revision unterzogen hat; denn ohne Komma eingeschobene erweiterte Infinitivsätze mit "zu", denen womöglich noch die Konjunktion "und" samt nachfolgendem Hauptsatz folgt, kann kein Mensch verstehen.

Kostprobe gefällig?

Sie bat ihn nur die Weinflasche zu öffnen und die Gläser holte sie selbst aus dem Schrank.

Abgesehen davon, daß meine geschätzten Leser einen derartigen Schmarrn von mir ohnehin nie zu lesen bekämen, würde ich selbigen ausschließlich mit den sinnstiftenden Kommata zu Papier bringen:

Sie bat ihn, nur die Weinflasche zu öffnen, und die Gläser holte sie selbst aus dem Schrank.

Ich kann es gut verstehen, wenn sich Schriftsteller wie Reiner Kunze ihr eigenes Regelwerk erarbeiten. Ich persönlich habe mir vorgenommen, wenigstens so lange bei der alten Rechtschreibung zu bleiben, wie die reformierte nicht in einer endgültigen und vor allem einleuchtenderen Fassung vorliegt. Das heißt aber nicht, daß ich mich im Zuge eines Verlagslektorats weigern würde, Korrekturen zugunsten der neuen Regeln zu übernehmen - es dürften dabei nur keine Widersprüche oder Zweideutigkeiten verursacht werden. Und diese Gefahr besteht leider grundsätzlich: Eine Aufgabe "richtigzustellen" oder "richtig zu stellen" ist, wie Reiner Kunze mit Recht festgestellt (und nicht etwa: "fest gestellt") hat, ein himmelweiter Unterschied.

Die Möglichkeit, solche Bedeutungsnuancen in der Schriftsprache auszudrücken, dürfen wir Deutschschreibende und -sprechende - und gerade wir Autoren! - uns nicht nehmen lassen. Weder von Lektoren noch von ein paar Kultusministern noch von einem Rechtschreibrat. Dann lieber Geformgerangel.

"Die Fantasy wird salonfähig!"

Volker Busch, Lektor bei Blanvalet/Random House, formuliert in einem aktuellen Interview auf phantastik-news.de eine ermutigende, eine phantastische (!) Prognose für die Zukunft:

Die Interessen und Bedürfnisse der Leser verändern sich, und darauf reagieren Autoren und Verlage. Das Genre ist in Bewegung, die eng abgesteckten Grenzen weichen auf. Die fantastische Literatur wird sich in den nächsten Jahren öffnen und ausbreiten – die Fantasy wird salonfähig!

Yes! Das sehe ich genauso! Und hoffe, daß diese Botschaft diejenigen Leute erreicht, die sie nötig haben.

"Rauhreif"

Heute nachmittag ging ich so lange im Wald spazieren wie schon seit Wochen nicht mehr. Die winterliche Stimmung hielt mich gefangen: Nebel hüllte uns ein, den Husky und mich und Heidelberg im Tal, doch über uns sah man schwach den blauen Himmel - und Millionen und Abermillionen feinster Eiskristalle, die an den Ästen der Bäume gewachsen waren, zumeist in eine Richtung und so zart, daß sie abfielen, wenn man sie nur leicht anhauchte.
"Rauhreif", sagte jemand hinterher in trockenem Plauderton, als ich davon erzählte.
Für mich war es mehr als das.

Ebenfalls im "Plauderton" möchte Oliver Naujoks zukünftig von seinen Leseerlebnissen berichten, ein Vorhaben, zu dem ich selbst mich bisher aus bestimmten Gründen noch nicht durchringen konnte. (Vielleicht liegt es aber auch daran, daß ich lieber im mündlichen Sprachgebrauch plaudere als im schriftlichen.) Daß er es tut, kann ich dennoch schätzen. Und welch gewichtige Werke finden sich auf seinem Lesestapel, bzw. auf seinem "Nachttisch"! Amadis von Gallien zählt dazu. Begeistert zitiert Oliver Naujoks den Anfang des Romans:

Das Werk beginnt.
Wenige Jahre nach dem Leiden und Sterben unseres Heilands und Erlösers Jesus Christus lebte in der Bretagne ein christlicher König mit Namen Garinter, welcher, im Banne der Wahrheit stehend, von Gottergebenheit und löblicher Tugend war. Dieser hatte mit seiner hochlöblichen Gemahlin zwei Töchter gezeugt, von denen die ältere mit Languines, dem König von Schottland vermählt war.
(..)
Nun geschah es, dass König Garinter, hochbetagt, dann und wann in die Berge und zum Weidwerk ritt, um sein Gemüt zu erquicken.

Wer, wie Naujoks oder ich selber, Texte dieser Art mag, dem sei die Artuslegende in der Vulgata-Fassung empfohlen. (Ich nehme an, es handelt sich dabei um diese Ausgabe; leider besitze ich keine deutsche, sondern nur eine englische Fassung des Textes, der übrigens im 12. Jahrhundert von einem unbekannten Autor niedergeschrieben wurde, welcher sich am Ende der "Suche nach dem Heiligen Gral" als Walter Map ausgibt, der er jedoch nicht gewesen sein kann.) Nicht nur sprachlich, auch inhaltlich wird man hieran Gefallen finden.
Doch zurück zum Amadis. Ich erinnere mich noch gut an mein zweites Semester in der Germanistik. Ich besuchte gezwungenermaßen ein Seminar mit dem klangvollen, aber Langeweile verheißenden Namen "Reiseliteratur des Spätmittelalters" und entdeckte zufällig eine frühneuhochdeutsche Fassung des Amadis beim Stöbern in der Seminarbibliothek. Der Dozent erwies sich jedoch als äußerst resistent, als ich ihn dazu zu überreden versuchte, mich den Amadis als Referats- und Hausarbeitsthema bearbeiten zu lassen. Nein, Preußen hätte gefälligst eine Rolle in meinem Thema zu spielen - obgleich dies weder im Titel des Seminars noch in dessen Beschreibung im kommentierten Vorlesungsverzeichnis als Voraussetzung notiert gewesen war. So schlug ich mich also anstatt mit dem Amadis, den ich liebend gerne bearbeitet hätte, mit dem mitteldeutschen Marco Polo herum. Ich gab mir die größte Mühe, der Seminarleiter belächelte mich, und ich war am Ende froh, mit einer mittelmäßigen Zensur den Pflichtbereich "Ältere Literatur" abgehakt zu haben.

Was liegt noch auf dem Lesestapel von Oliver Naujoks? Nichts geringeres als Die Siedler von Vulgata, ein Perry-Rhodan-Band, geschrieben von einem Gastautor, und zwar Titus Müller. Oliver Naujoks' Prämisse: Herauszufinden, "was denn nun genau dieser C.S. Lewis-Preis ist", den Müller für just dieses Werk erhalten hat. Dabei darf man wohl viel Erfolg wünschen.